27.04.2024

Warum ich DIE LINKE verlassen habe

Ich habe mich entschieden, mit dem heutigen Datum die Partei DIE LINKE und die Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft zu verlassen.

Dieser Schritt ist mir, wie allen anderen Genossinnen und Genossen, die die Partei verlassen haben, nicht leichtgefallen. 18 Jahre war ich nun Mitglied der Partei DIE LINKE, zunächst in der WASG und später als Gründungsmitglied in der DIE LINKE. Fast die Hälfte dieser Zeit habe ich als Ko-Vorsitzender des Bezirksverbandes Hamburg-Altona und Mitglied des Landesvorstandes Hamburg verbracht. Ich wollte in der Partei DIE LINKE dazu beitragen, dass unsere Sehnsucht nach Frieden, Demokratie, sozialer Gerechtigkeit und Freiheit gestillt wird. Dafür habe ich keine Mühe und Arbeit gescheut und mich mit Herzblut engagiert, wo es erforderlich war. Während dieser Zeit habe ich viele Mitstreiterinnen und Mitstreiter kennengelernt, zusammen mit ihnen viele schöne Momente erlebt und sehr viel dazu gelernt. Dafür bin ich sehr dankbar und werde sie vermissen.

In den letzten Jahren haben Parteiführungen auf Bundes- aber auch auf Landesebenen die politische Richtung der Partei derart geändert, dass sie mit meinem politischen Verständnis von einer sozialistischen Partei, die sich konsequent für Frieden, Demokratie, soziale Gerechtigkeit und Freiheit einsetzt, nicht mehr übereinstimmt. „Rote Linien“ im Parteiprogramm wurden und werden nach und nach zur Disposition gestellt. Führendes Personal der Partei auf Bundes- aber auch Landesebenen hat sich öffentlich für Waffenlieferungen in Kriegsgebiete und für das Kriegsbündnis NATO ausgesprochen, was den friedenspolitischen Grundsätzen einer „Friedenspartei“ im Grundsatz widerspricht. Auch ein nach Belieben umgedeutetes Verständnis von Antifaschismus hat dazu geführt, dass jegliche Kritik und abweichende Meinung sofort mit „Rechtsoffenheit“ etikettiert wurde und noch immer wird. Auf diese Weise wurden und werden noch immer aufrechte Mitglieder, die ihr Leben lang sich für Frieden, Demokratie und gegen Rassismus und Faschismus eingesetzt haben, als „rechtsoffen“ oder gar als Rechte diffamiert. Der Klassenkompass wurde komplett über Bord geworfen; stattdessen Identitätspolitik zur grundlegenden Politik der Partei auserkoren.
Als Beispiele seien die Aktivitäten der Friedensbewegung zu Ostermärschen, zum Antikriegstag oder die größte Friedenskundgebung der letzten Jahre erwähnt. Während mehr als die Hälfte der Bevölkerung die reale Gefahr eines atomaren Krieges, der die gesamte Menschheit auslöschen kann, sieht und den militärischen Kurs der Regierung ablehnt, haben sich die Parteiführungen auf Bundes- und Landesebenen der Partei DIE LINKE Schulter an Schulter mit anderen Parteien den Initiatoren der Demonstrationen Kundgebungen vorgeworfen, „rechtsoffen” zu sein oder spaltende Gegenveranstaltungen organisiert.

All dies führte letztlich dazu, dass die Partei in mehreren Wahlen herbe Niederlagen erlitten hat. Statt sich mit den Gründen für die Niederlagen auseinander zu setzen und Konsequenzen zu ziehen, hat sich ein „weiter so“ etabliert. Schuld waren immer diejenigen, die dem Kurs der Parteiführungen kritisch gegenüberstanden.

Vor diesem Hintergrund sehe auch ich für mich keinen Platz mehr in der Partei und in der Fraktion.

Eine Partei ist kein Selbstzweck und erst recht nicht das Eigentum von Wenigen. Ich möchte diese politische Entwicklung nicht länger mittragen, weshalb ich mich entschlossen habe, sowohl die Partei DIE LINKE, als auch die Fraktion DIE LINKE in der Hamburgischen Bürgerschaft zu verlassen.

Wie bereits erwähnt, ist mir dieser Schritt nicht leichtgefallen. Ich habe sowohl in der Partei DIE LINKE, als auch in den Fraktionen mit keiner einzigen Person einen persönlichen Streit. Ganz im Gegenteil: Es gab, wie bereits erwähnt, viele schöne gemeinsame Momente, für die ich dankbar bin. Ich hoffe, dass wir auch nach meinem Weggang respektvoll miteinander umgehen werden.

Hamburg, den 2. November 2023

Metin Kaya
Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft

Metin Kaya

Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft (MdHB)

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