19.04.2024
Plenarsaal der Hamburgischen Bürgerschaft. Bildquelle: Christoph Braun, Wikimedia

Antrag auf Stimmrecht bei Bürgerbegehren und Volksentscheiden abgelehnt

In der Bürgerschaftssitzung am 28. Oktober 2020 habe ich im Namen der Linksfraktion einen Antrag für das Stimmrecht von Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft bei Bürgerbegehren und Volksentscheiden eingebracht. Dieser Antrag wurde wie erwartet mit den Stimmen von SPD, GRÜNE, CDU und AfD abgelehnt.

Worum ging es bei dem Antrag?

Im Antrag, der als PDF-Datei weiter unten zu lesen ist, haben wir gefordert, dass Menschen, die seit vielen Jahren oder gar Jahrzehnten in Deutschland leben und ihren Lebensmittelpunkt in Hamburg haben, das Recht haben sollten, mindestens bei Bürgerbegehren und Volksentscheiden mit abstimmen zu dürfen. Dabei geht es noch nicht einmal darum, all diesen Menschen, deren Zahl in Hamburg weit mehr als 150.000 beträgt, das kommunale oder gar das allgemeine Wahlrecht zu geben, sondern lediglich um die Möglichkeit bei Bürgerbegehren oder Volksentscheiden auf Bezirks- und Landesebene ihre Stimme abzugeben. Das ist insofern wichtig und erforderlich, weil im 21. Jahrhundert nicht mehr hingenommen werden kann, dass fast 10,5% der Hamburger Wahlberechtigten aus dem Prozess der Teilhabe am politischen Leben, der Ausübung des Prinzips der direkten Demokratie ausgesperrt werden. Es geht hierbei um Partizipation und Demokratie. Diese Menschen wollen mitentscheiden und dabei sein, wenn ihre Nachbarn gegen Baumfällungen in ihrer Straße, gegen den Abriss ihres Schwimmbades (Bismarckbad in Altona), gegen die die unsinnige und sehr teure Olympiabewerbung, für die die Einführung der Primarschule, für die Abschaffung der Schuldenbremse, gegen die Lieferung von Waffen in alle Welt über den Hamburger Hafen protestieren oder für die Volksinitiativen „Keine Profite mit Boden und Miete“ unterschreiben.

Partizipation heißt nicht, über die Köpfe all dieser Menschen hinweg zu entscheiden, sondern, sie am Prozess der Teilhabe am politischen Leben zu beteiligen. Ihnen das Gefühl zu geben, dazu zu gehören, ihnen das Gefühl zu geben, in ihrer neuen Heimat endlich als gleichberechtigte Bürger anerkannt zu werden.

Nun, die strikte Ablehnung von CDU und AfD kann man/frau vielleicht verstehen. Aber die Ablehnung von SPD und GRÜNE, die ja in ihrem Koalitionsvertrag festgehalten haben, dass sie sich im Bundesrat dafür einsetzen werden, um Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft, die „lange“ (wie lange ist lange?) in Deutschland leben, ungeachtet ihrer Staatsbürgerschaft das kommunale Wahlrecht zu gewähren, ist unter keinen Umständen nachvollziehbar.

Es ist auch deshalb unverständlich, weil als Argument für die Ablehnung der Volksbegriff und damit die Zugehörigkeit zum Volk der Deutschen vorgebracht wird. Für EU-Bürger wurde dieser Begriff aber „in die Tonne“ getreten, wie ein guter Freund zu sagen pflegte. Artikel 28 des Grundgesetzes wurde dafür geändert. Aber für Menschen, die teilweise seit mehr als 60 Jahren in Deutschland leben und keine EU-Bürger sind oder keinen deutschen Pass haben, soll das nicht gelten. Diese sollen auch nach 60 Jahren noch immer die ewigen „Ausländer“ oder „Gastarbeiter“ bleiben.

Die nächsten Wahlen kommen ganz bestimmt. Ich finde, dass mindestens bei den nächsten Wahlen diese Parteien hierzu intensiv befragt werden müssten. Noch intensiver sollten die Abgeordneten mit Migrationsgeschichte befragt werden, die einen solchen Antrag abgelehnt haben.

Der Antrag als PDF-Datei

Bildquelle: Hamburgsiche Bürgerschaft

Metin Kaya

Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft (MdHB)

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